Ich dachte heute über einen passenden neuen Oberbegriff für Sozialfotografie, die mit einem besonderen ‚Veränderungswillen‘ ans Motiv geht. In Gedanken an einen guten Freund, der gerne mal aus dem Adornoschen Büchlein „Minima Moralia – Reflexionen aus dem beschädigten Leben‚ zitiert, probierte ich ein bisschen herum und siehe da – der Begriff:

Camera Moralia

war geboren. Ein Amalgam aus der Camera obscura und den Minima Moralia.

Die ‚Camera obscura‘ „ist ein dunkler Raum mit einem Loch in der Wand, die als Metapher für die menschliche Wahrnehmung (…) verwendet wird.“ (Wikipedia). Wird nicht die soziale Existenz vieler Menschen (in der ‚Massen’menschenhaltung‘) und vieler Tiere (in Massen’unterkünften‘) immer mehr zu einem ‚dunklen Raum mit einem Loch in der Wand“? Und ist nicht die ‚Negative Moral“ der Minima Moralia von Adorno genau das, was  Sozialfotografie uns zeigen möchten: SO NICHT!!! Ich empfehle in diesem Zusammenhang das informative Buch von Mike Davis >Planet der Slums<.

In Zukunft werden alle Notizen und Beiträge, die sich mit der im weiteren Sinne ’sozialkritischen Verwendung einer Kamera‘ beschäftigen, mit diesem neuen Begriff verbunden. 

Ich möchte diesen Begriff nun noch mit einem Slogan erweitern:

Camera Moralia – Digicams für soziale Gerechtigkeit!  (SOCAM)

oder english:

Camera Moralia – Digicams for social justice!

Laßt uns endlich Abstand nehmen von dem ganzen ’schönen Schein‘ und die Digicams mal für was richtig Gutes ‚instrumentalisieren‘: Für die gute alte sozialdokumentarische Fotografie.

Die Zeit läuft uns davon – Aufrüstung,  Kriegsplanung, Sozialabbau und Naturzerstörung schreiten unablässig voran – sollen wir schöne Blümlis fotografieren, während unsere Wirklichkeit mit Atompilzen bedroht wird?

Lieber geschönte Models shooten als echte Menschen porträtieren, die als Alleinerziehende ums Überleben kämpfen oder von Hartz IV leben müssen?

Lieber architektonisch reizvolle Glaspaläste von Banken anstatt Wohnungsnot der ‚kleinen Leute‘?

Lieber ‚wunderschöne Insekten‘ vor fluffigen Hintergründen als schlechte Obsternten wegen des Insektensterbens?

Fragen wir uns: Was kann eine Digicam zur Selbsterkenntnis des modernen Menschen beitragen? Ich möchte in meinen zukünftigen Besprechungen von Digitalkameras und Objektiven mehr auf den konkreten Anwendungsaspekt moderner Technik hinsichtlich der optimalen Realitäts-Dokumentation eingehen.